…und viele Jugendliche wieder mit dabei.
Hemsbach/Wareham. Sechs Tage mit Zwischenübernachtungen in Dover für eine Reise in Hemsbachs Partnerstadt Wareham in Dorset – lohnt sich das denn? Die 14 Jugendlichen aus den weiterführenden Schulen in Hemsbach sowie ihre Betreuer und die 16 Erwachsenen des Partnerschaftsvereins, die an der Reise Ende August teilnahmen, würden diese Frage wohl sofort mit Ja beantworten. Denn die persönlichen Begegnungen mit den Freunden in England –die Städtepartnerschaft besteht seit 1976 – bereichert das Leben diesseits und jenseits des Ärmelkanals und fördert das gegenseitige Verständnis füreinander. Aber viel Arbeit mache die Vorbereitung schon, meint Hedda Schulz, die in diesem Jahr ihren Mann Helmut, den Geschäftsführer des Vereins, als Organisatorin und Reiseleiterin vertreten hat. Denn der Brexit verkompliziere die Reise im Vergleich zu früher durchaus. Jede TeilnehmerIn braucht einen Reisepass, Personalausweis reicht nicht mehr, und der deutsche Bus darf aus versicherungsrechtlichen Vorschriften keine englischen Passagiere auf gemeinsamen Ausflugsfahrten mitbefördern. Mit anderen Worten: Gemeinsame Ausflüge mit den englischen Freunden im deutschen Bus sind nicht mehr wie früher selbstverständlich. Ärgerlich, denn das verteuert diese Fahrten nicht nur – die Engländer müssen selbst für ihren Transport sorgen – es ist auch aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll. Dabei möchte man in den vier Tagen eigentlich möglichst viel gemeinsam erleben mit den Gastgebern. Die Stippvisiten in Dover und Folkstone für die Busreisenden lockerten die langen Fahrten auf, ebenso das kleine Wissensquiz über Land und Leute, das Andrea Thron vorbereitet hatte.
Besonders die Jugendlichen – zwischen 13 und 15 Jahre alt – und ihre Betreuerin Sandra Makutenas sowie ihr erwachsener Sohn Lukas Fleig waren von dieser Reise begeistert. Viele waren zum ersten Mal in England, manche zum ersten Mal ohne ihre Familie unterwegs. Jana bedauert vor allem, dass sie wegen der Ferienzeit kaum Kontakt zu gleichaltrigen Schülern hatten. Umso mehr genossen sie die herzliche Betreuung durch die Familie ihres englischen Scoutguides Gareth Lloyd. Untergebracht war die Gruppe direkt in Wareham im Haus der Scouts. Anders als bei den Zwischenübernachtungen im modernen Drei-Sterne-Hotel am Kai in Dover unterhalb der berühmten weißen Klippen ging es hier eher spartanisch, aber auch besonders lustig zu. Und alle fassten mit an: bei der Zubereitung der Mahlzeiten, beim Aufräumen und Saubermachen. Mika sorgte mit seiner Gitarre nicht nur bei den beiden Grillabenden für Stimmung. Merri, die quirlige 10jährige Tochter des Guides, und ihren älteren Bruder Harry sowie deren Mutter Gabriela haben alle sofort ins Herz geschlossen. Die Jugendlichen und ihre Betreuer bedankten sich bei „ihrer Gastfamilie“ mit Karte und Süßigkeiten und freuen sich auf ein Wiedersehen in Hemsbach.
Strand- und Kulturtage
Die Ausflugsprogramme für die Jugendlichen und für die Erwachsenen ließen nichts zu wünschen übrig. Die Jugendlichen erkundeten die mächtige Burgruine Corfe Castle, amüsierten sich am Strand in Studland, probierten Wassersportarten wie die Seacars aus und spazierten zu den Old Harry’s Rocks (Foto). Sie fuhren per Zug und Boot auf die Naturschutzinsel Brownsea Island, sozusagen dem Geburtsort der Pfadfinderbewegung. Abends auf der großen Rundfahrt durch den Naturhafen von Poole gab’s Fish and Chips wie schon am Abend zuvor oder auf der Fähre nach Dover. Gabrielas Shepherd’s Pie, ebenfalls ein typisch britisches Gericht, hatte den meisten aber besser geschmeckt.
Die Erwachsenen, die wie immer bei Gastfamilien wohnten, verbrachten den Freitag mit ihren englischen Freunden. Einige fuhren ans Meer, andere erkundeten den vom Künstlerpaar Simon und Monique Gudgeon angelegten Park „Sculptures by the Lakes“. Abends hatte Jenny Elmes zu einem Vortrag über ihr Buch „M-Mother“ eingeladen, in dem sie die Geschichte ihres Onkels dokumentarisch dargestellt hat. Er war als 21-jähriger begeisterter Flieger an der Bombardierung des Möhnestaudamms im Sauerland 1943 beteiligt, sei aber im Grunde ein pazifistisch denkender Mensch gewesen. Dass er mit zum Ertrinkungstod von 1.300 Bewohnern beigetragen hat und dort, selbst von Flugabwehr getroffen, starb, zeige die grausame Tragik solcher Kriegshandlungen, wie sie heutzutage leider wieder in der Ukraine und anderswo stattfinden.
Am Samstag trafen sich alle in Sherborne in Dorsets Norden. Diese Gemeinde wird dominiert von den beeindruckenden Ruinen des Old Sherborne Castle und dem 1594 von Sir Walter Raleigh, ein Günstling von Elisabeth I., erbauten Schloss. Seit 1617 gehört der Landsitz mit großem Park der Familie Wingfield Digby, die dort heute noch wohnt. Die riesige Benediktiner-Abtei mit ihrem erhabenen Deckengewölbe prägt das Zentrum der Gemeinde Sherborne. Fasziniert waren die Besucher genauso von der aktuellen Ausstellung eines Werkzyklus der Textilkünstlerin Jaqui Parkinson „Threads Through Creation“, die die Schöpfungsgeschichte in zwölf riesigen Seidenwandteppichen neu interpretiert. Eine farbenprächtige Patchworkarbeit, für die sie fast drei Jahre benötigt hatte.
Handglockenspiel und „Indoor-Pferderennen“
Am Sonntagmorgen in Warehams anglikanischer Kirche St. Mary’s Church nahmen die Jugendlichen und die Erwachsenen am Familiengottesdienst mit der Taufe des kleinen Teddy teil. Wer wollte, durfte sich sogar an den Handglocken versuchen (Foto), die bei einigen Liedern mit Orgelbegleitung für eine besondere Atmosphäre sorgten. Hedda Schulz nutzte die Gelegenheit, unterstützt von Corinna Zipp, alle Gottesdienstteilnehmer herzlich nach Hemsbach einzuladen, gerade auch die vielen jungen Familien.
Eingerahmt war die Begegnungsreise wie stets vom offiziellen Empfang in der Town Hall und der Abschiedsparty am Sonntagnachmittag in der Caryhall. Die Bürgermeisterin Marian Jill Cotton, die seit Mai 2024 im Amt ist, begrüßte die Hemsbacher herzlich mit vollen Ornat, assistiert vom Caller, eine typisch britische Institution (siehe Foto). Sie kam auch zur fröhlichen Abschiedsparty, die von den Mitgliedern der Twinningsociety ausgerichtet wurde. Beste Stimmung verbreiteten dabei die Morris Dancers der Dorset Buttons, die nach ihren Tanzaufführungen in Trachten auch die deutschen Gäste zum Mittanzen einluden. Ein Quiz darf bei solchen Partys in England nicht fehlen. Christine Birkle vom Vorstand hatte es vorbereitet für zwei deutsch-englische Teams. Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete aber eindeutig das Indoor- Pferderennen mit zehn Durchgängen. Alt und Jung wagten sich an den Wickelwettbewerb, bei dem vier künstlerisch gestaltete Holzpferchen mit Jockey an gleichlangen Schnüren befestigt ins Ziel gekurbelt werden mussten – great fun für Spieler und Zuschauer.
Wieder zu Hause in Hemsbach fasste Schriftführerin Corinna Zipp beim Stammtisch die Eindrücke der Reise zusammen und dankte Hedda Schulz für ihren Einsatz. Übrigens: Die beiden Betreuerfamilien der Jugendgruppen werden auch den jeweiligen Partnerorganisationen beitreten. Ein Nachtreffen der Jugendgruppe wird bald im JUZ stattfinden. Und auch ein „Englischer Abend“ soll geplant werden.(mda)