Calais war den meisten Hemsbachern bisher nur als Ausgangspunkt für den Tunnel oder die Überfahrt nach England bekannt. Von dem sogenannten „Dschungel“, in dem z. Z. 7000 Flüchtlinge untergebracht sind, sahen die Reisenden nichts. Nur hohe Zäune.
Doch die Gegend Nord-Pas-deCalais bietet architektonisch, historisch wie landschaftlich allerhand Interessantes. Typisch zum Beispiel sind außer den fantasievoll strukturierten Ziegelbauten und imposanten Plätzen mit lauschigen Arkadenkomplexen die hohen, schlanken Belfriede. Diese eckigen Glockentürme beim ehrwürdigen Rathaus gehören zu den bedeutendsten Profanbauten des Mittelalters. Seither symbolisieren sie die bürgerliche Macht, dienten als Wachtürme und gaben früher u.a. Signale zum Öffnen und Schließen der Stadttore.
In Calais steht unweit des Belfrieds das Denkmal von Rodin, „Die Bürger von Calais“, das dramatisch deren Schicksal erzählt. 1346 von den Engländern erobert, haben diese Ratsherren die Stadt vor der totalen Zerstörung bewahrt, und die Bewohner vor dem Tod. Sie wurden allerdings alle vertrieben, und bis 1558 war die Stadt unter englischer Herrschaft. Nach ihnen folgten die Burgunder, die Habsburger, die Spanier – erst 1713 wurde sie endgültig Frankreich zugesprochen. Durch ihre strategisch wichtige Lage war die gesamte Nordküste auch im 1. und 2. Weltkrieg Schauplatz schrecklicher Schlachten. Davon zeugen zahllose Bunker (Teil des Atlantikwalls). Heute noch verschandeln sie die sonst so schöne Landschaft. In der Gedenkstätte Notre Dame de Lorette z.B. sind fast 200 000 Soldaten begraben, die dort allein zwischen Mai und Juni 1915 fielen. Und an einer riesigen begehbaren Ringmauer findet man 580 000 Namen (174 000 deutsche) der in dieser Region Gefallenen; ungeachtet ob Freund oder Feind, welcher Nation oder militärischen Dienstgrads.
In La Coupole bei St. Omer, dem „Zentrum für Geschichte und Erinnerung“ ließ eine Dokumentation in den riesigen unterirdischen Hallen und Gängen die Besucher die Schrecken des Krieges und das Leiden der Bevölkerung optisch und akustisch nachempfinden. In dieser Bunkeranlage aus dem 2. Weltkrieg errichtete die Organisation Todt 43/44 eine Munitionsfabrik, hier mussten KZ-Häftlinge unter Tage für Hitler arbeiten, hier war ein gewaltiges Raketensilo und eine Startbasis für die „Wunderwaffe“ V2-, die Vergeltungswaffe die gen London und Südengland abgefeuert wurde. Zum Glück konnten sich die Hemsbacher immer wieder auch bei Sonnenschein und 45 knots der Landschaft erfreuen und durchatmen. Mit etwas Fantasie sahen sie von den Kreideklippen, die von langen Sandstränden unterbrochen werden, sogar die englische Küste in 34 km Entfernung. An der Cote d’Opale, die in der Saison gern von Parisern bevölkert wird, machten sie sogar barfuß eine Wattwanderung.
In Bourgogne-sur-Mer einem bedeutenden Fischereihafen, lohnte sich der Besuch von „Nausicaá“ mit 36000 Meerestieren sowie beeindruckenden Schauen etwa über den nachhaltigen Umgang mit den Weltmeeren. Die ärmste Gegend des Landes, das ehemalige Kohlerevier bei Lens, wurde inzwischen – wie bei uns das Ruhrgebiet- wiederbelebt. In einer weiteren Niederlassung des Louvre findet sich eine großartige Gegenüberstellung von Kunst aus dem Orient und dem Okzident aus fast 6000 Jahren. In größeren Städten wie Lille oder Arras dann bewunderten die Hemsbacher nicht nur Kathedralen mit Kunstwerken oder wundertätigen Heiligen, auch die prächtigen Rathäuser und die „Geants“ der Stadt. Das sind bis zu 4 m hohe Figuren der Stadtgeschichte, die bei den Karnevalsumzügen mitgeführt werden. Und ihre freie Zeit nutzten die Hemsbacher gerne auch zum Flanieren durch elegante Straßen, enge Gassen oder über imposante Plätze. Sie ließen die Seele baumeln bei Café Crème und Crèpes oder eben „moules et frites“.